In der Reihe „Vorgestellt“ machen wir euch ab sofort mit (Nachwuchs-)Autoren bekannt, die aus Thüringen stammen, hier leben oder auf besondere Weise mit der Literaturszene des Freistaates und der Lesereihe „In guter Nachbarschaft“ verbunden sind. Los geht es mit dem Jenaer Joschua Schößler, der bereits mehrfach bei uns zu Gast am offenen Mikrofon war.
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Joshua Schößler, geb. 1992 in Düsseldorf, studiert seit 2012 Philosophie und germanistische Literaturwissenschaft an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Blog: sukkulent.
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Mario Osterland: Lieber Joshua, du warst schon mehrfach zu Gast am offenen Mikro bei In guter Nachbarschaft. Wie bist du eigentlich auf uns aufmerksam geworden?
Joshua Schößler: Das kam durch eine Germanistikvorlesung 2013. Moritz Gause saß zwei Plätze neben mir und las in so einen schicken Gedichtband von Frank O’Hara. Da habe ich den angesprochen und so ist man ins Gespräch gekommen. Kurz dannach war die Germanistik Weihnachtslesung, da haben wir beide was am offenen Mikrophon vorgetragen und dann hat Moritz mich gefragt, ob ich Lust hätte mal bei der guten Nachbarschaft auch was am offenen Mikrophon zu lesen.
M.O.: Also bist du von Anfang an sozusagen über das Format „offenes Mikrofon“ zur Nachbarschaft gekommen. Wie empfindest du diese Lesesituation bei uns?
J.S.: Schon ganz cool. Man hat es da ja mit einem recht interessierten Publikum zu tun, wobei ich bei der ersten Lesung bei euch schon das Flattern hatte. Man hat schon ein bisschen das Gefühl, dass das eine eingeschweißte Famile da ist, am Anfang habe ich mich noch gar nicht getraut, mit den anderen zu quatschen. Insgesamt aber ziemlich entspannt, ist auch immer interssant mitzubekommen, was die anderen dort vortragen. Auch die Gespräche mit den eingeladenen Vortragenden haben mir gut gefallen.
M.O.: So eine gewisse Vertrautheit strahlen solche Veranstaltungen ja immer aus. Ich hoffe nur wir schaffen es den neuen Autoren immer so offen wie möglich zu begegnen. Wir hatten zuletzt auch ziemlich viele Lyriker im Programm, auch am offenen Mikro. Hast du dich bisher als Prosaautor trotzdem gut aufgehoben gefühlt?
J.S.: Total, man fühlt sich auf jeden Fall ernst genommen. Insgesamt ist das eh ziemlich cool, dass die Texte recht durchmischt sind, auch mit der Mucke von Klinke auf Cinch, so alles in allem funktioniert das schon echt gut. Schade nur, dass die Hütte oft nicht zum bersten voll ist. Bei den Gedichten fände ich es vielleicht ganz cool, wenn man die irgendwie mitlesen könnte, so auf nem Handzettel oder an die Wand projiziert. Ich kann da sonst manchmal nicht so ganz folgen.
M.O.: Wir sind ja ständig dabei In guter Nachbarschaft weiter zu entwickeln. Da kommen solche Hinweise und Vorschläge gerade recht! – Kommen wir mal zu dir und deinem Schreiben. Du schreibst, wie gesagt, in erster Linie Prosa. Was reizt dich, vielleicht auch im Vergleich zum Dichten, am Erzählen?
J.S.: Ich habe mich auch schonmal am Dichten versucht, später dann auch im Rahmen eines Gedichte-schreiben-Seminars an der Uni. Aber mir fällt es bei Gedichten schwer, eine Idee an dieser Ausdrucksform zu entwickeln und dann später zu sagen, dass Geschriebene haut so hin. Ich könnte zu einer Idee mehrere völlig verschiedene Gedichte schreiben und am Ende nicht sagen, welches ich aus welchen Gründen jetzt gut finde. Bei der Prosa ist das anders, in dieser sprachlichen Form kann ich meine Ideen ganz anders entwickeln. Da sage ich mir jetzt nicht, dass ich das jetzt nochmal ganz anders schreiben könnte, ich kann da meinen Regeln und Ideen besser nachgehen. Und vielleicht ist das auch viel Gefühl, die Erzählform liegt mir einfach besser, ich kann konkreter werden und die Einzelbestandteile leichter sich auseinander entwickeln lassen und dann wieder zu einem größeren Ganzen zusammenführen. Ich lese auch recht wenig Lyrik, wobei ich aus der intensiven Beschäftigung mit Lyrik viel dichte Spracharbeit mitnehmen kann.
M.O.: Deine Erzählsprache ist jedenfalls nicht ganz unpoetisch. Ich zitiere nur mal eine Stelle, die mir zuletzt aufgefallen ist: „Mit flinken, aber liebevollen Handgriffen bediente sie die Kaffeemaschine. Virtuose Handgriffe, mit denen seine Mutter damals die Saiten der Küche in Harmonie zum klingen bringen konnte.“
J.S.: Man hat mir ja schon öfters gesagt, dass ich ein Händchen für sprachliche Bilder habe, das zieht sich schon durch. Es ist auch schon vorgekommen, dass ich etwas geschrieben habe mit der Absicht, dass das Prosa wird und dann habe ich das so gedichtmäßig mit Absetzen versehen und das dann als Gedicht so stehen lassen.
M.O.: Klingt so, als gehst du ziemlich „open minded“ beim Schreiben vor. Wie wichtig ist es dir dem Text Freiheiten und sich selbst beim Schreiben überraschen zu lassen?
J.S.: Das ist mir schon ziemlich wichtig, was sich bei mir im ersten Schritt vor allem darin niederschlägt, dass ich alles Mögliche als Inspirationsquellen einbeziehe. In einem Text war das ein Rapsong, ein Frauenroman und ein Buch von Dostojewski. Seit kurzem experimentiere ich mit automatischen Textgeneratoren im Internet. Aber mir ist auch wichtig, dass die Texte nicht beliebig werden. Im zweiten Schritt mache ich mir schon Gedanken dazu, wie ich was warum zur Schriftform bringe. Ich stelle mir dann schon konkrete Regeln, an denen ich dann hinterher festmachen kann, ob mir das Resultat gelungen ist. Wenn ich irgendwelche Sprachexperimente mache, muss dabei auch was Handfestes für mich rumkommen, woran ich weiterarbeiten kann. Oft drifte ich beim Schreiben von der ursprünglichen Idee ab, dann werden die Regeln angepasst. Ich versuch da immer so ein Zwischending von selbst auferlegten Regeln und einem lebendigen Schreibprozess zu finden.
M.O.: Du hast einige Texte auf deinem Blog sukkulent veröffentlicht, in den denen vor allem die Figuren und weniger der plot im Vordergrund stehen. Eigentlich eine recht klassiche Herangehensweise ans Erzählen, oder? Eine Figur erfinden, sie einer oder mehrerer Situationen aussetzen und schauen, was passiert.
J.S.: Ja genau. Das kommt häufig von einem spontanen Einfall, ein Satz oder Gedanke, der mich nicht mehr loslässt und der sich weiterentwickeln lässt. Ich bin da nur irgendwann an dem Punkt angekommen, wo sich die Stories meinem Empfinden nach insgesamt eher im Kreis gedreht haben, das hat sich so eingeschlichen. Insgesamt haben mich die letzten Stories, die so entstanden sind, dann doch ziemlich gelangweilt. Gerade beschäftige ich mich auch mehr mit dem komplexeren Strukturieren meiner Geschichten, muss aber auch noch schauen, wo das hinführt.
M.O.: „Schauen, wo das hinführt“ ist ein gutes Schlusswort. Es würde mich freuen auch in Zukunft noch Einiges von dir zu hören und zu lesen. Vielleicht auch am offenen Mikrofon der Nachbarschaft?
J.S.: Wird wohl oder übel passieren.
M.O.: Lieber Joshua, vielen Dank für das Gespräch.
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