Kreuzschlag
hungrige wanderer. gestanzt in
orientierung am tag. aber nachts
fetzen. sezierte zensuren
überreste. sanft abgeschlagen
synonyme der zeitdiktatur. in fenstern
sitzende leere. blinde
auf immerfort wachsenden gipfeln
tanzende kinder die gesichter grimassen
optionssinne ausgefahren
zugänglich. ausgerechnete bäume
drehst du diesen körper zu
mir wird es abend. fast bodenlos ich seh dich
verschwommen dreimal die dämmerungen
schlagen die hände die köpfe zum
Dopplungen, fließende
Niklas L. Niskates neuem Gedichtband liegt eine Doppelstruktur des Schreibens zugrunde, wie man aus einer Selbstauskunft des Autors erfährt. Er ließ beim Schreiben der Texte erst einmal alles zu, häufte so sehr viel Textmaterial an, aus dem dann die eigentlichen Gedichte herausgearbeitet wurden. Der Doppelsinn des Titels deutet das schon an. Jeder aufzulösende Knoten muss erst einmal geknüpft werden oder zumindest geknüpft sein. Niskates Knoten sind seine Gedichte, gemacht aus einer Sprache, die auf dem Prüfstand steht, die nicht feststeht, sondern sich im Fließen befindet. Assoziativ erscheinen seine Aneinanderreihungen, assoziativ auch die Brüche innerhalb der Texte.
Dieses Changieren zwischen Gewiss- und Ungewissheiten bestimmen nicht nur sein neues Buch, das im Grunde nur die halbe Wahrheit ist, sondern auch seine Auftritte. Fern der klassischen Lyriklesung performt Niskate seine Texte mit einer Loopstation, die ihm erlaubt, auf der Grundlage des Geschriebenen Musik entstehen zu lassen. Denn wenn die Sprache durchlässig ist, sind es die künstlerischen Gattungen erst recht. So ist es nur konsequent, dass der Autor seine Gedichte zudem in Computergrafiken übersetzt und zur Illustration seines Bandes verwendet hat.
Entwicklung der Knoten ist ein komplexes Unterfangen, das durch seine Offenheit jedoch einlädt, hier und da ein Stück herauszupicken und selbst weiterzuspinnen, weiterzuweben, weiterzu(ent)wickeln.
mo