27.6. – Bayreuth – In guter Nachbarschaft zu Gast bei Sübkültür

In guter Nachbarschaft goes Franken! Am 27.6. sind Peter Neumann und Mario Osterland zu Gast bei Sübkültür in Bayreuth. Sie lesen aus ihren aktuellen literarischen Arbeiten, stellen die Lesereihe vor und sprechen mit den Kulturschaffenden vor Ort über Organisation, Förderung und Entwicklung alternativer Kulturprojekte.

27. Juni 2017 – Forum Phoinix Bayreuth (Kämmereigasse 9 1/2, 95444 Bayreuth)

Beginn: 20 Uhr

Vorab sprach Mario Osterland mit Anja Zeilinger. Sie lebt als Kulturschaffende in Bayreuth und Berlin, führt eine Pop-Up-Galerie im fränkischen Raum und ist eine der Organisatorinnen von Sübkültür.

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Anja Zeilinger (Foto: privat)

Mario Osterland: Liebe Anja, was für ein Projekt ist Sübkültür?

Anja Zeilinger: Wir organisieren sehr unterschiedliche Veranstaltungen – eigentlich alles, was uns sonst in Bayreuth fehlt. Das sind Filmabende, Konzerte und Lesungen, aber auch Kunst-Performances oder Diskussionsrunden. Ein Schwerpunkt liegt auf selbst gestalteten Abenden mit Beteiligung des Publikums: Wir geben ein Thema vor, und die Leute bringen Objekte, Musik, Filmclips oder Anderes mit und präsentieren ihre Geschichten dazu. Da gab es schon Themen wie Absagen, Schimmel, 100 Jahre DADA und aktuell heute: Sex, Aufklärung und Rollenverständnisse in verschiedenen Kulturen. Das ist nicht nur unterhaltsam, sondern eine immer spannende Aufnahme von kulturellen Phänomenen. Weitergehend machen wir mit dieser unabhängigen Reihe natürlich auch Kulturpolitik, wir fördern regionale Kulturschaffende aller Art.

M.O.: Welche kulturpolitische Arbeit leistet ihr in Bayreuth?

A.Z.: Zunächst übernehmen wir eine Nachwuchs-Förderung, die es hier sonst kaum gibt. Natürlich kommen bei uns auch Profis auf die Bühne, aber ebenfalls junge oder wenig erfahrene Künstler*innen oder Autor*innen, die außergewöhnliche Ideen verwirklichen möchten. Wir zahlen daher auch immer ein Honorar. Außerdem vergeben wir jedes Jahr in Kooperation mit dem Bayreuther Kurzfilm-Festival „Kontrast“ einen Sonderpreis, letztes Jahr haben wir zudem drei kleine Anschubstipendien vergeben. Letztlich haben wir hier eine feste Institution für das Außergewöhnliche und Abseitige etabliert. Unsere Räumlichkeiten stellen aktuell noch eine Zwischennutzung dar, wir arbeiten aber ganz offiziell mit dem Kulturamt und dem Bauamt daran, hier nach der nötigen Sanierung ein dauerhaftes Kunst- und Kulturhaus zu verwirklichen.

M.O.: Wie stark seid ihr als Förderer der Kulturszene selbst abhängig von Fördermitteln? Wie akquiriert ihr beispielsweise die Mittel für Stipendien und den Filmpreis?

A.Z.: Wir haben bisher keine öffentlichen Gelder aus Stadt- oder Landesmitteln erhalten, aber uns ehrlich gesagt auch nicht darum bemüht. Verschiedene Einzelveranstaltungen wurden durch das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ gefördert, aber unsere hauptsächliche Finanzierung läuft über den Getränkeverkauf und die Mitgliedschaften. Wir sind als Verein organisiert und haben etwa vierzig Jahresmitglieder, und die Gäste erwerben statt eines Eintrittspreises eine Monatsmitgliedschaft für 2€. Das reicht tatsächlich!

M.O.: Hört sich an, als ob die Reihe in Bayreuth ganz gut angenommen wird. Welches Feedback bekommt ihr?

A.Z.: Von unseren Gästen natürlich positives, sonst würden sie ja nicht kommen… Generell sind wir nach vier Jahren auch denjenigen ein Begriff, die noch nie bei uns waren. Sicher gibt es Menschen, die mit unserem Stil nichts anfangen können, aber da gibt es keine offenen Konfrontationen. Die konstruktive Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung zur Etablierung des Kunst- und Kulturhauses spricht für sich. Nun müssen wir uns noch selbst daran gewöhnen, irgendwie etabliert zu sein. Es ist natürlich schön, dass uns das gelungen ist, ohne unsere Identität aufzugeben – das ist auch so eine Befürchtung von unabhängigen Kulturschaffenden, die in der Realität oft gar nicht virulent ist.

M.O.: Trotzdem will man ja etwas Nachhaltiges schaffen, sodass die Reihe dann auch einer gewissen Professionalisierung und Etablierung bedarf, oder?

A.Z.: Natürlich! Professionell im Sinne von gut organisiert und konzeptuell durchdacht waren wir ja auch von Anfang an. Dennoch begann es als ein Abenteuer, und die allgemeine Akzeptanz kam erst mit der Zeit. Viele beklagen, dass Bayreuth durch die Dominanz der Festspiele eine marginalisierte Kulturszene habe. Man kann dafür hier recht ungestört Formate und Initiativen entwickeln, die in anderen Städten vielleicht eher vereinnahmt werden. Ich sehe hier eher Chancen als Hürden.

M.O.: Damit hast du meine nächste Frage schon fast beantwortet, nämlich die nach dem allgemeinen kulturellen Klima in Bayreuth. Von außen bekommt man ja erstmal nur Wagner und die Festspiele mit.

A.Z.: Ja, das ist klar. Man kann sich natürlich daran reiben. Ich sehe es als Herausforderung, selbst Projekte zu verwirklichen. Da sollte man auch ehrlich sein: Es ist gerade durch diese Situation viel leichter als in übersättigten Städten, mit interessanten Ideen ein Publikum zu erreichen. Außerdem gibt es noch andere Gründe für so manchen Mangel. Beispielsweise haben wir keine Kunsthochschule. Das würde natürlich die Situation entscheidend ändern.

M.O.: Wir verfolgen mit In guter Nachbarschaft immer eine kulturelle Vernetzung der Städte Erfurt, Weimar und Jena, was auch recht gut funktioniert. Wie sieht das in den kleineren Städten in Franken aus? Seid ihr beispielsweise im Austausch mit Kulturschaffenden in Bamberg oder Erlangen?

A.Z.: Innerhalb Bayreuths sind wir sehr gut vernetzt und kooperieren häufig, auch mit Veranstaltungsreihen. In größerem Radius hat sich das für uns als Institution bisher nur punktuell ergeben. Durch die Gründung des Kunst- und Kulturhauses ändert sich das gerade.

M.O.: Und es geht über die Bundeslandgrenzen hinaus! Es freut uns sehr, dass wir demnächst eure Gäste sein dürfen. Wie seid ihr darauf gekommen?

A.Z.: Viele Anstöße für unser Programm ergeben sich natürlich durch persönliche Begegnungen und Bekanntschaften, wie unserer. Ich freue mich auf Euren Besuch – unabhängig von Eurer Lesung werden wir uns ja auch als Kulturschaffende wiedersehen. Wird das quasi ein interkultureller Austausch, oder sind sich die regionalen Rahmenbedingungen unserer Projekte ähnlicher, als man denken könnte?

M.O.: Das werden wir an diesem Abend herausfinden. Natürlich bei fränkischem Bier. Kulturreise ist Kulturreise. Danke für das Gespräch, liebe Anja!