Rückschau: In guter Nachbarschaft – SUMMER EDITION (1/2)

Liebe Nachbarschaftsfreunde,

die SUMMER EDITION liegt hinter uns. Und alle Beteiligten und Besucher werden sich gern daran zurückerinnern. Hier kommt Teil 1 unseres kleinen Berichts mit vielen Eindrücken von einem rundum gelungenen Literatursommerfest.

Los ging es bereits am späten Nachmittag mit der Lesung ausgewählter Preisträger*innen des Jungen Literaturforums Hessen-Thüringen. Dabei trug die Wiesbadenerin Manon Hopf ihren prämierten Text Brombeeren, gemauert vor. Mit ihrem ruhigen, eindringlichen Vortrag versetzte sie das Publikum gleich zu Beginn in sehr aufmerksame Stimmung. Diese schlug jedoch nicht in einlullende Gemütlichkeit um, denn Lennardt Loß hatte die mitreißende short story Russischer Tango im Gepäck. Mit leidenschaftlicher Stimme erzählte er aus dem Boxermilieu der DDR, was ihm Lacher, Anerkennung und viel Applaus bescherte.

Mit Gedichten und kurzer Prosa ging es weiter. Robert Wenzl, der neben seiner Arbeit als Autor auch als Singer/Songwriter aktiv ist, trug melancholisch-sensible Texte vor, die die Metapher nicht scheuen und dennoch meilenweit vom Kitsch entfernt sind. Elisa Wächtershäuser bildete mit ihrer Kurzgeschichte Die Tiere schlafen den Abschluss des ersten Leseblocks. Die Absolventin u.a. des Klagenfurter Literaturkurses, überzeugte mit ihrem souveränen Vortrag und einem Text, der keinen Zweifel an ihrem erzählerischen Talent ließ.

Im zweiten Teil der SUMMER EDITION resümierte die ungarische Autorin Kinga Tóth ihre Zeit als Jenaer Stadtschreiberin. In einem offenen Gespräch mit Moderator Mario Osterland stellt sie die Projekte vor, an denen sie in der Saalestadt gearbeitet hat und gab einen Einblick in die Entstehungsprozesse ihrer Werke. Dabei trug sie zunächst einige Gedichte vor, die auf relativ klassische Weise Eindrücke und Beobachtungen in der neuen Umgebung reflektieren. Allerdings war gleich zu bemerken, dass Tóth kein Interesse an einer sentimentalen Erlebnislyrik hat. Vielmehr ist ihre Sprache bewusst nüchtern, kühl und fast technisch gehalten, womit sie an die Traditionslinien deutschsprachiger Avantgarde-Dichtung anknüpft. Bewegungen, die es in der ungarischen Literatur in dieser Vielfalt nicht gegeben hat, wie Tóth erklärte.

Ihre experimentelle Denk- und Arbeitsweise illustrierte die Autorin zudem mit einem Tagebuch aus gebrauchten Kaffeefiltern, auf die sie mit einer Schreibmaschine Fehler und Schwierigkeiten notierte, die sie mit der deutschen Sprache hat. Später soll daraus eine Textinstallation entstehen.

Schließlich drehte sich das Gespräch verstärkt um das Projekt Mondgesichter, in dem Tóth sich intensiv mit verschiedenen Krankheiten auseinandersetzt. Diese begreift die Autorin nicht zwingend als Makel oder Fehlfunktionen, sondern als Entwicklungsstufen, Prozesse und Variationen des menschlichen Körpers. Die Bearbeitung dieses komplexen, mitunter sensiblen Themas geht die Autorin mit einer für sie typischen Verflechtung aus Text, Sounds und Visualisierungen an. In einer beeindruckenden Performance, unterstützt durch Video-, Text- und Grafikprojektionen sowie einer Loop-Station, gab sie dem Publikum Einblick in das Mondgesichter-Projekt und unterstrich ihren Status als außergewöhnliche Visual-Sound-Poetin und Performerin.

 

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