Tina Neumann im Interview

IN GUTER NACHBARSCHAFT #24 ist als Podcast abrufbar. Mit dabei ist Tina Neumann und stellt eines ihrer Gedichte vor. Wir haben sie interviewt.

Tina Neumann (c) Anke Neumann
Tina Neumann, Foto: Anke Neumann

Du bereitest dich gerade auf dein Abi vor. Wie geht es dir damit, vor allem auch mit den aktuellen Umständen? Kommst du auch zum Schreiben?

Ich versuche, nicht so sehr ans Abi zu denken, sondern Schritt für Schritt gut durch die Tests, Klausuren und Vorträge zu kommen. Aber die Unsicherheit schwingt immer mit – schaffen wir unseren Stoff? Wie wird das Abi ablaufen? Zum Schreiben komme ich zur Zeit leider kaum, meistens ist mein Kopf mit schulischen Dingen vollgestopft.

Eines deiner Gedichte trägt den Titel „LK eA Ge 11/1”, es geht um die Anspannung kurz vor einer Klausur. Hat der Deutschunterricht Einfluss auf dein Schreiben? Kann er etwas von dem transportieren, was dich an der Literatur begeistert? 

Aus manchen Deutschstunden nehme ich Themen oder auch nur Gedankenfetzen als Inspiration für meine Gedichte mit. Besonders mag ich Interpretationen – wer sich auf die Texte einlässt, kann sich von der Sprache und ihrer Wirkung begeistern lassen.

Du hast uns verraten, dass du schreibst, seit du schreiben und lesen gelernt hast. Hast du schon immer Gedichte geschrieben?

In der Grundschule habe ich überwiegend Geschichten und nur wenige Gedichte geschrieben. Ab der 5. Klasse rückten die Gedichte immer mehr in den Mittelpunkt und jetzt bin ich fast nur noch lyrisch unterwegs.

Du arbeitest gerne mit traditionelleren Formen wie Reimen und verbindest sie mit experimentellen, auch witzigen Themen. Wie ist zum Beispiel die Ballade „Ein Freundschaftsfest für Anapäst” entstanden?

Ich kann mich leider nicht mehr daran, wie ich genau auf diese Idee kam. In der Schule quälen sich viele mit Metren und Stilmitteln herum und ich wollte sie in dem Gedicht zum Leben erwecken und gleichzeitig auf eine lockere Art vorstellen.

Du hast seit 2012 in jeder Altersklasse beim Thüringer Buchlöwen gewonnen, und bist dieses Jahr Preisträgerin beim Jungen Literaturforum Hessen-Thüringen. Welche Erfahrungen hast du mit Werkstätten und Literaturwettbewerben gemacht?

Ich habe mit Werkstätten bisher sehr gute Erfahrungen gemacht. Am schönsten finde ich, dass man mit Gleichgesinnten in Kontakt kommt und sich offen über seine Texte austauscht. Für mein eigenes Schreiben konnte ich bisher viel mitnehmen, meist Kleinigkeiten, die letztendlich aber sehr große Unterschiede machen.

Welche Lektüre begleitet dich durch den zweiten Lockdown?

Ich habe leider gerade nicht sehr viel Zeit zum In-Ruhe-Hinsetzen-und-Lesen – zum Abschalten lese ich gerade „Die 13½ Leben des Käpt’n Blaubär“ von Walter Moers, parallel dazu „Nachtzug nach Lissabon“ von Pascal Mercier und zwischendurch auch ein paar Gedichte.

Vielen Dank für das Interview!

///

Tina Neumann, *2002, lebt in Meuselwitz, Preisträgerin beim Thüringer Buchlöwen in jeder Altersklasse, 2015 Erster Platz beim Club der jungen Schreiber, 2016 Preis in der Kategorie Text beim Europäischen Wettbewerb, 2020 Erster Preis beim Jungen Literaturforum Hessen-Thüringen.

17. November: IN GUTER NACHBARSCHAFT #24 mit Caren Jeß, u.a.

Am 17. November wird eine neue Ausgabe IN GUTER NACHBARSCHAFT als Podcast ausgestrahlt auf Radio LOTTE Weimar, danach verfügbar über die Mediathek der Literarischen Gesellschaft Thüringen.

Zu Gast ist die Dramatikerin Caren Jeß (Dresden), die ihr neues, bislang noch nicht aufgeführtes Stück Eleos vorstellen wird.

Eleos ist eine Partitur aus Wut. Mit poetischer Genauigkeit und filigranem Rhythmus komponiert Caren Jeß aus 36 Miniaturen eine beklemmend schöne Kakophonie der Dunkelheit. Ihre Empörungen erzählen von Frust und Zurückweisung, Niedergeschlagenheit, Angst, Gewalt und Hass. Sie erzählen von ahnungsloser Wut und vorsätzlicher, von Demütigung, Beleidigung und immer wieder von dem Schmerz, der aller Wut zugrunde liegt. Caren Jeß verwandelt dieses abgründige Gefühl in eine verstörend schöne Symphonie aus Sprache, Klang und Form. Unentrinnbar komisch und tragisch zugleich.“

Caren Jeß ist diesjährige Nachwuchsdramatikerin der Kritiker-Umfrage von Theater heute und Gewinnerin des Stückepreises des Else-Lasker-Schüler-Dramatikerpreises 2020.

Außerdem begrüßen wir mit einem Audio-Beitrag ioha (Weimar) und mit Gedichten die Autorin Tina Neumann (Meuselwitz). Die Sendung wird musikalisch begleitet vom Erfurter Rapper Zweipunkteins (Erfurt, Berlin).

Erstausstrahlung:
Dienstag, 17. November 2020 – 22:00 Uhr
https://www.radiolotte.de/

Mediathek der Literarischen Gesellschaft Thüringen e.V.:
https://studio-literatur.podigee.io/

///

Caren Jeß, * 1985 in Eckernförde, studierte Deutsche Philologie und Neuere deutsche Literatur in Freiburg und Berlin, lebt in Dresden. Für ihre Theaterstücke und literarischen Arbeiten wurde sie vielfach ausgezeichnet. Sie ist unter anderem Nachwuchsdramatikerin des Jahres in der Kritiker-Umfrage des Jahrbuchs von Theater heute 2020, Gewinnerin des Stückepreises im Rahmen des Else-Lasker-Schüler-Dramatikerpreises 2020 mit Der Popper und Gewinnerin des taz-Publikumspreises 2018 in der Kategorie Lyrik im Rahmen des open mike Wettbewerbs für junge Literatur.

Zweipunkteins, ursprünglich aus dem Main-Kinzig-Kreis in Hessen, rappt seit 2016 in Erfurt, lebt in Erfurt und Berlin. Veröffentlichung mehrerer EPs, die im eigenen Tonstudio in der Saline34 in Erfurt entstanden sind. Jahrelange Organisation der ILL Verses Cypher in der Ilvers Musikbar (Erfurt).

ioha gestaltet unter verschiedenen Aliassen künstlerische Texte, (Bewegt-)Bild, Ton und Installationen. Eigentlich als Master of Fine Arts Medienkunst- und Gestaltung Studierende an der Bauhaus Universität Weimar, gerade für ein halbes Jahr am freien Radio Helsinki in Graz. Besonderes Interesse widmete sie in ihren letzten Arbeiten der Verwebung psycho- und sozialpolitischer Fragen, Subkultur und (Land-)Arbeiter*innenkultur.

Tina Neumann, * 2002, lebt in Meuselwitz, Preisträgerin beim Thüringer Buchlöwen in jeder Altersklasse, 2015 Erster Platz beim Club der jungen Schreiber, 2016 Preis in der Kategorie Text beim Europäischen Wettbewerb, 2020 Erster Preis beim Jungen Literaturforum Hessen-Thüringen.

///

Die unabhängige Lesereihe IN GUTER NACHBARSCHAFT gehört zum festen Bestandteil der Thüringer Literaturszene. Sie vereint seit 2014 neue Lyrik und Prosa mit aktueller Musik. Über zahlreiche selbst organisierte Veranstaltungen hinaus wird die Lesereihe von Kulturveranstaltern im gesamten Freistaat als zuverlässiger Partner für anspruchsvolle und unterhaltsame Literatur geschätzt.

IN GUTER NACHBARSCHAFT ist ein Projekt der Literarische Gesellschaft Thüringen e.V. und wird gefördert durch die Kulturstiftung des Freistaats Thüringen.

Außerdem sind wir Teil der Initiative Unabhängige Lesereihen.